Die Hürden für eine ausnahmsweise produkt-/herstellerbezogene Ausschreibung liegen hoch
Der Grundsatz der Wettbewerbsoffenheit einer Beschaffung gilt nicht uneingeschränkt, soweit der Auftraggeber bestimmte Voraussetzungen bei einer produkt-/herstellerbezogenen Ausschreibung erfüllt (OLG Düsseldorf Beschluss vom 14.9.2016 – VII-Verg 1/16).
Wichtige Aspekte für die Beschaffungspraxis
Die vergaberechtlichen Grenzen der Bestimmungsfreiheit eines öffentlichen Auftraggebers sind gewahrt, wenn:
- die Bestimmung durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt ist,
- vom Auftraggeber dafür nachvollziehbare, objektive und auftragsbezogene Gründe angegeben und die Bestimmung folglich willkürfrei getroffen wurde,
- solche Gründe tatsächlich (festzustellen und notfalls erwiesen) sind und
- die Bestimmung andere Unternehmen nicht diskriminiert.
Ist die Festlegung des Beschaffungsbedarfs anhand aller obigen Voraussetzungen erfolgt, so ist eine sich hieraus ergebende, wettbewerbsverengende Wirkung grundsätzlich hinzunehmen, selbst dann, wenn die Beschaffungsentscheidung zur Festlegung auf ein bestimmtes Erzeugnis führt und damit einen Wettbewerb ausschließt.
Aus Gründen der Transparenz sind alle hierfür erforderlichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse lückenlos zu dokumentieren. Entsprechende Protokolle sind der Vergabeakte beizufügen.
Der bvsi rät seinen Mitgliedern produkt- und herstellerneutral auszuschreiben. Die Hürden für eine gesetzeskonforme Ausschreibung , welche einer Rüge standhält sind sehr hoch und die Ergebnisse einer Ausschreibung mit eingeschränktem Wettbewerb sind in der Regel immer schlechter.
Risiken bei Rechtsverstößen durch den öffentlichen Auftraggeber
- Rüge der Ausschreibung
- Rüge und evtl. Abhilfe
- Rüge mit evtl. Aufhebung der Ausschreibung
- Mehrkosten
- komplette Änderung der Ausschreibungsunterlagen
- neues Verfahren mit Terminverzögerung
- Reputationsverlust
- schwebende Unwirksamkeit des Vertrages (bis zu 6 Monate)
- bei unzulässiger Direktvergabe (ohne Ausschreibung)
- betrifft nur EU-weit auszuschreibende Verträge
- Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer
- betrifft nur EU-weite Vergabeverfahren
- automatisches Zuschlagsverbot, umfassende Prüfung
- sonst: einstweiliger Rechtsschutz vor Zivilgerichten (AG/LG)
- Schadensersatz
- Aufwendungsersatz, ausnahmsweise auch entgangener Gewinn
- Einschreiten der Kommunalaufsicht